Wenn ein Patient sein Leben beenden will: Rechtslage und Erfahrungen aus der Ethikberatung in der Schweiz. In Festschrift für Prof. D. Hart. Herausgeber Katzenmeier C, Springer Verlag, pp.651-672.
Wetterauer, C., Reiter-Theil, S. (2020)
Seit den letzten Jahrzehnten gilt die Schweiz international als Ausnahmefall in ihrer Handhabung der Suizidbeihilfe. Ihre spezielle Art der Toleranz und Praxis des Assistierten Suizids (AS) ist sogar einzigartig im Vergleich zu anderen liberalen Ländern: So haben die Beneluxstaaten eine Tötung auf Verlangen sowie assistierten Suizid nur durch Ärzte (Physician assisted suicide; PAS) auf Basis einer rechtlichen Regelung zugelassen. Auch in Kanada, wo seit 2016 im Strafgesetz die medizinische Sterbehilfe neu geregelt ist, sind medizinische Laien ausgeschlossen; es gilt ein Arztvorbehalt, wobei man sich (aufgrund der dünnen Besiedlung und regionalen Ärztemangels) entschieden hat, auch qualifizierte Pflegefachpersonen zu berechtigen, Tötung auf Verlangen oder Suizidbeihilfe zu leisten. Aber weltweit ist es Suizidhilfeorganisationen nur in der Schweiz erlaubt, Freitodbegleitung durch medizinische Laien zu organisieren und durchzuführen. Die Aufgabe von Ärzten besteht hier vor allem darin, die geforderte Urteilsfähigkeit des Patienten zu bescheinigen und eine letale Dosis Natriumpentobarbital (NaP) zu verschreiben. Hingegen wird die persönliche Begleitung im Sterbeprozess nicht selten durch ein nicht-medizinisches Mitglied der Vereinigung übernommen. So gesehen passt der Begriff des ärztlich begleiteten Suizids für die Praxis in der Schweiz gerade nicht.